Zugang ist gegeben, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser Kenntnis nehmen kann und unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.
(Hier: allgemeine Definition; Zugang mündlicher Erklärungen unter Anwesenden streitig.)
Zugang einer Willenserklärung ist ein wichtiges elementares Thema, welches die komplexen juristischen Sachverhalte auf der praktischen Ebene zum Fall bringen kann.
Unterschieden wird zwischen Willenserklärungen die unter Anwesenden und solchen, die unter Abwesenden abgegeben werden.
a. Unter Abwesenden (Regelung in § 130 BGB)
Um zuzugehen muss die Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass unter normalen Umständen mit dessen Kenntnisnahme zu rechnen ist.
Man muss sich verdeutlichen, dass diese Definition zwei Bestandteile enthält:
(1) Erklärung im Machtbereich des Empfängers (Brief im Briefkasten, Nachricht auf Anrufbeantworter, Faxausdruck beim Empfänger, e-mail abrufbar im Postfach des Empfängers, Übergabe an Empfangsboten und Vertreter) und
(2) Eintritt des Zeitpunkts, zu dem unter normalen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen ist (z.B. geht bei Unternehmen mit 5-Tage-Woche eine am Samstag eingeworfene Willenserklärung am Montagmorgen zu).
Das bedeutet: wenn der unter (2) genannte Zeitpunkt erreicht ist, wird die Willenserklärung wirksam – unabhängig davon, ob tatsächlich Kenntnis genommen worden ist. Der Empfänger kann den Eintritt der Wirksamkeit der Erklärung also nicht dadurch verhindern, dass er sie ignoriert.
Sonderfall: Es kann vorkommen, dass der Empfänger bereits Kenntnis genommen hat, bevor unter normalen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen gewesen wäre. (Bsp.: Unternehmer U macht am Sonntag Überstunden und liest die an diesem Tag eingegangenen e-mails). Dann tritt bereits zu diesem Zeitpunkt Zugang ein.
b. Unter Anwesenden (in § 130 BGB nicht geregelt)
Zu unterscheiden ist zwischen verkörperten und unverkörperten Willenserklärungen:
verkörperte Willenserklärungen gehen unter den gleichen Voraussetzungen wie Erklärungen unter Abwesenden zu, die i.d.R. mit der Übergabe der Erklärung an den Empfänger erfüllt sind.
unverkörperte (mündliche) Willenserklärungen:
Ausgangspunkt ist die Vernehmungstheorie: Zugang erfolgt, wenn der Empfänger die Erklärung akustisch vollständig und richtig wahrgenommen hat.
Verbreitet wird diese Position aber eingeschränkt (abgeschwächte Vernehmungstheorie): Auch wenn der Empfänger die Worte des Erklärenden nicht richtig vernommen hat, geht dessen Erklärung im Interesse der Verkehrssicherheit zu, wenn es in der konkreten Situation für den Erklärenden keinen Zweifel daran geben konnte, dass der Empfänger seine Worte richtig und vollständig vernehmen würde.
Quellen: Grunewald, Brox, BGB AT, Rn. 149 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 268 ff.